Was macht eine Handballmannschaft beim Selbstbehauptungskurs der Polizei? Gibt es beim Judo und Handball überhaupt Gemeinsamkeiten? Selbstverteidigung und Notwehr sind Dinge, mit denen wir beim Handball wenig zu tun haben, dann eher doch unsere Verteidigung vorm Tor und Abwehr – aber vor allem auch Angriff! ;-)
Unsere (fast) geschlossene Mädchenmannschaft des TuS Bothfeld – junge Handballerinnen, die in der zweithöchsten Liga Niedersachsens spielen – sind grundsätzlich überhaupt nicht zimperlich, was das Anpacken und die Körperlichkeit angeht. Die Mädels sind physisch fit und mental stark. Wieso dann ein Selbstbehauptungskurs?
Nun – vorerst muss man sagen, dass unsere weibliche B im Alter zwischen 14 und 16 Jahren ihre privaten Erfahrungen mittlerweile auch mit längerem Ausgehen abends und anderen Teenagergruppen macht. In der Straßenbahn oder auf dem Nachhauseweg abends (nach dem Handballtraining, der Tanzschule oder nach dem Treffen mit Freunden) kann dann auch mal ein mulmiges Gefühl aufkommen.
Das Handball-Spielfeld mit klaren Regeln (wie auch beim Judo) und ihre private Umgebung sind eben doch zwei paar Schuhe:
Brüllen auf dem Handballfeld ist völlig normal – aber in der Strassenbahn? Aus vollem Halse brüllen, wenn mir jemand zu nah kommt?
Anpacken besonders am Kreis des Spielfeldes, Schubsen und Halten – kein Problem mit den Handballregeln, die vorgegeben sind. Aber auf der privaten Party abends mit den Freunden ohne den Schiedsrichter?
Wenn man vom Judoka mitten in der Erklärsession völlig unvorbereitet am Arm gepackt und weggezerrt wird – was macht man da? Genau das sind eben die andere Umstände, mit denen man in dem Moment nicht gerechnet hat! Der Schockmoment ist da und man ist erst einmal perplex. Ist das jetzt Spaß? Ist das ernst? Genau in dieser Position kann man sich ganz plötzlich auch im privaten Umfeld befinden. Dann muss man erst einmal die Situation schnell bewerten und reagieren können.
Um hier dann richtig zu kontern oder möglichst gar nicht erst in eine unübersichtliche Situation zu gelangen, ist ein Selbstbehauptungskurs tatsächlich perfekt:
Wie reagiere ich in einer bedrohlichen Situation? Was sende ich überhaupt für Signale, wenn ich durch die Straßen gehe? Wie kann ich verbal und körperlich deeskalierend wirken? Was ist ratsam, wenn ein Gegenüber sogar eine Waffe (zB ein Messer) in der Hand hält? Wann ist es klüger, sich der Situation schnell zu entziehen? Welche Abwehrgriffe sind am effektivsten? Was darf man rechtlich überhaupt und was gilt noch als Notwehr? Und wie beobachte ich mein Umfeld besser, wenn ich unterwegs bin?
All diese Fragen und sehr viele praktische Tipps sowie Judoka-Handgriffe, einfache Verteidigungstechniken, das Verstehen, wie man aus brenzlichen Situationen gut heraus kommt, wie man sich aus einem Klammergriff befreit und mental gestärkt vielleicht gar nicht erst in so eine Position kommen könnte – das und vieles mehr wurde hier auf sehr spannende, lustige und professionelle Art dargestellt und geschult.
Unsere Mädchen gehen nun mit selbstsichererem Schritt und offeneren Augen durch die Welt und vielleicht auch aufs Spielfeld als Mannschaft, die mehr kann als gut Handballspielen.
Tausend Dank an das Team des Polizeisportvereins Frau Henrici, Herr Steingräber und Frau Dreier vom Präventionsteam.
(Jung, TuS Bothfeld)